Gott im Supermarkt - Predigt zur Jubiläumskonfirmation 2023

Tue, 05 Sep 2023 12:29:00 +0000 von Tobias Patzwald

Ihr Lieben, 
lasst uns einander lieb haben; denn die Liebe ist von Gott, und wer liebt, der ist aus Gott geboren und kennt Gott. Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht; denn Gott ist Liebe. Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen. Darin besteht die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden. 
Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben. Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir uns untereinander lieben, so bleibt Gott in uns und seine Liebe ist in uns vollkommen. (1. Johannes 4,7-12)
 
Gott im Supermarkt
 
Letzte Woche Dienstag ist mir Gott im Edeka begegnet. Aber von vorne… 
Ich hatte gerade die Einkaufsliste fertig geschrieben, legte den Stift weg und wollte den Kindern die Schuhe anziehen. Zu meiner Überraschung war der Große bereits fertig und half der Kleinen ganz liebevoll in die Schuhe. „Fertig, Papa!“ Ich lächelte beim Anblick dieser unschuldigen Herzlichkeit und mein Herz machte einen kleinen Hüpfer. Mit lautem Gebrüll liefen die beiden zum Croozer, das ist unser Fahrradanhänger, und kletterten hinein. „Okay…“ dachte ich… „irgendwas ist doch hier faul…“ Ohne Geschrei ließen sie sich anschnallen und waren bereit loszufahren. 
 
Gott in einer Scheibe Wurst
Im Supermarkt wollten beide unbedingt so einen kleinen Einkaufswagen haben. Mit der leisen Vorahnung, dass ich gleich zwei Kindereinkaufswagen durch die Gänge schiebe, willigte ich mit einem kleinen Seufzer ein. Doch es klappt besser als erwartet. Ich zeige auf die Dinge, die eingepackt werden sollen und die Kinder räumen es Stück für Stück in ihre Wagen. Nur an einer Stelle, da stockt es. Sie drucksen sich um die Frischetheke herum. Es dauerte etwas, bis ich geschnallt hatte, was sie wollten. Also bestellt ich 10 Scheiben Kinderwurst. Dann die lange ersehnte Frage, der Verkäuferin: „Wollt ihr auch eine Wurst haben?“ Strahlende Augen und kräftiges Nicken. Die Scheibe Wurst wird eingedreht und über die Theke gereicht. Die Kinder strecken sich der Hand entgegen. „Danke!“ sage ich stellvertretend für meine Kinder. Die Verkäuferin lächelt ihr breitestes Lächeln. „Gerne geschehen!“ sagt sie und wir schieben weiter. 
 
Gott in der Umarmung einer Mutter
Ein Gang weiter höre ich ein Weinen. Als wir um die Ecke biegen, können wir die Szene beobachten. Anscheinend darf der kleine blonde Junge nicht so viele Nudelpackungen mitnehmen, wie er gerne möchte. Ich glaube, es waren sieben… Das Leben eines Kindes kann aber auch hart sein. Seine Mutter geht neben ihm in die Knie, begibt sich auf Augenhöhe. Versucht es zuerst mit erklären. Aber mit etwa vier Jahren ist bei den meisten noch nicht so viel los mit erklären. Da geht es um Verständnis, wie die Frau gerade meisterlich unter Beweis stellt. „Du möchtest gerne ganz viele Nudelpackungen mitnehmen.“ Stellt sie fest. „Ja!“ antwortet das kleine Kind schon etwas ruhiger. „Und es macht dich traurig, dass ich ‚Nein‘ gesagt habe.“ „Ja.“ „Warum möchtest du denn so viele Nudeln mitnehmen?“ fragt die Mutter weiter. „Für Mama, Papa, Oma, Opa und Oma und Henny. Für alle satt werden.“ Die Mama ist sichtlich gerührt, nimmt den Kleinen feste in den Arm und drückt ihn. „Sollen wir dann lieber noch als Nachtisch Eis mitnehmen?“ schlägt die Mutter vor. „Jaaa, Schokoeis!“ ruft der Kleine und rennt schonmal vor, während die Mama die Nudelpackungen zurücksortiert. 
 
Gott und die Schlange
An der Kasse angekommen hat sich eine relativ lange Schlange gebildet. Eine junge Frau ganz am Ende der Schlange wirkt recht hibbelig mit ihren 3 Bananen und dem Brot in der Hand. Die ältere Frau, die vorne steht und gleich dran ist wird darauf aufmerksam. „Gehen Sie doch vor.“ Sagt sie. „Sie scheinen es eilig zu haben.“ „Vielen lieben Dank! Das ist sooo nett!“ entgegnet die junge Frau. „Ich muss meine Kinder gleich von der KiTa abholen und bin spät dran, wissen Sie. Aber wir brauchen noch Brot für heute Abend.“ „Gar kein Problem! Ich habe ja Zeit.“ Spricht die betagte Frau, schiebt ihren Rollator etwas zur Seite und lässt die junge Frau passieren. Beide lächeln sich an, als sie aneinander vorbei gehen. Von einem lauten Krachen werde ich daran erinnert, dass meine Kinder ja auch noch da sind. Sie stoßen mit Freude ihre Einkaufswagen gegeneinander, genau weil es so schön Krach macht. Freundlich aber bestimmt schiebe ich die Wagen auseinander und fordere die beiden auf, jetzt die Waren auf das Band zu legen. 
 
Gott am Boden
Während ich versuche mit dem Tempo der Kassiererin mitzuhalten und die Einkäufe in gleichem Tempo in meiner Tasche zu verstauen, wie sie die übers piepsende Band zieht, beobachte ich aus den Augenwinkeln, wie die ältere Dame von vorhin gerade ihren Rollator herausschiebt und mit dem Fuß am Übergang hängen bleibt, stolpert und stürzt. Die Äpfel rollen über das Pflaster. Sofort kommen drei ehemalige Konfirmanden von mir angerannt. Vermutlich auf dem Weg um Energiedrinks und Chips zu kaufen. Im Unterricht Chaoten vor dem Herrn, aber hier agieren sie wie eine Einheit. Einer schnappt sich die Äpfel, bevor sie auf die Straße rollen und zwei laufen zur Gestürzten, um sie zu fragen, wie es ihr geht; ob sie helfen können? Der Rollator wird aufgestellt, die Einkäufe darin sicher verstaut und mit vereinten Kräften helfen sie der Dame wieder hoch. Es schmerzt wohl ein bisschen, aber an ihren Gesten lese ich ab, dass sie versichert, dass sie es von hier aus alleine schafft. Die Jungs verabschieden sich. 
Ich zahle und die den Kindern schon bekannte Kassiererin bietet den Kindern noch einen Elefanten von ihrer Tauschbörse auf ihrem Kassenbereich an. Die sind aber zu schüchtern. Sie bringen ihre Einkaufswagen wieder weg und springen in den Croozer. 
Auf dem Weg nach Hause wird mir erst klar, was ich da alles beobachtet habe. Alte und Junge, die aus Liebe, aus Mitmenschlichkeit handeln, weil Sie fühlen und sehen, da ist ein Mensch, der braucht Hilfe. Also helfen sie. So, wie Jesus geholfen hat: aus Liebe. Anders als die faschistischen Seelenfänger, die überall unterwegs sind, die nur dann helfen, wenn es ihren Zielen nützt, habe ich hier klare, pure Liebe gesehen. Wer liebt ist mit Gott verbunden. Wer erkennt woher diese Liebe kommt, nämlich von Christus dem Gekreuzigten und Auferstandenen, der kann sich glücklich schätzen und Christ nennen. 
Eure Konfirmation war vor 50,60 oder noch mehr Jahren. In der Zwischenzeit habt ihr hunderte dieser Szenen gesehen oder selbst miterlebt. Es gab Momente, wo ihr geholfen habt und wo ihr Hilfe brauchtet. All die Zeit war Gott mit euch verbunden. Denn Gott ist Liebe und wer liebt, kennt Gott. Ob ihr ihn immer auch benennen konntet, steht auf einem anderen Blatt. Aber ich bin zuversichtlich, dass ihr beim nächsten Mal, wenn ihr etwas beobachtet, was mit Liebe geschieht, kurz an Gott denken werdet und wenn ihr glaubt, dass keiner für euch da ist, euch daran erinnert: Doch, Christus ist für euch da, war für euch da und wird immer für euch da sein. 
Amen. 
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