Gedanken zum 5. Sonntag nach Ostern (Rogate) - "Bittet!"

Sat, 08 May 2021 22:00:00 +0000 von Petra Rauchfleisch

© Petra Rauchfleisch
Es ist Nacht. Irgendwo in Palästina. Auf einer Anhöhe liegt ein kleines Dorf. Alles ruht. Doch im Licht des Mondes erkennt man einen Mann. Schnellen Schrittes geht er durch die Gassen. An einem Haus bleibt er stehen. Alles ist dunkel. Der Mann klopft. Zaghaft zunächst. Dann lauter. Immer wieder. Ein Hund bellt. Im Haus weint ein Kind. Eine barsche Stimme dringt nach draußen.
»Wer ist da? Was willst Du? Lass uns in Ruhe. Wir schlafen schon!« 
Doch der Mann bleibt beharrlich. Freunde seien sie doch, sagt er. Und nun brauche er dringend Hilfe. Der Mann erwähnt einen Gast. Unerwartet sei er gekommen. Und er habe nichts zu essen im Haus. »Ich muss meinem Gast doch etwas anbieten. 
Nur so viel er braucht. Drei Brote. Mehr nicht! „Zu wem sonst sollte ich denn gehen, wenn nicht zu dir, meinem Freund?!“  Der Mann im Haus ist ungehalten. Ärgert sich über die nächtliche Ruhestörung. Will weiterschlafen, er und seine Familie. „Verschwinde!“ 
Aber das hält den Mann vor der Tür nicht ab. Er fleht und bettelt. Hämmert gegen die Tür. Lässt nicht nach. Und dann, endlich, öffnet sich die Tür. Der Balken wird zurückgezogen. Nur einen kleinen Spalt. Drei Brote werden nach draußen gereicht. Dann fällt die Tür wieder zu. Der Mann hat, was er braucht. Brot für seinen Gast. Die Beharrlichkeit hat sich ausgezahlt. Zufrieden kehrt der Mann zurück.
 
Jesus erzählt seinen Freuden diese Geschichte. Versucht ihnen das Beten zu erklären. So sollt ihr beten. Wie dieser Freund. Wenn ihr das tut, dann wird sich Gott eurem Drängen nicht verwehren. Und dann überliefert Lukas (Lukas 11, 5-12) diese wichtigen Worte: »Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.«
Bei Jesus klingt das so einfach. Aber so einfach ist es nicht – so empfinde ich das.
Das Corona-Virus, das auf so dramatische Weise seit mehr als einem Jahr unser Leben bestimmt, es lässt sich nicht weg beten. Auch wenn einige das behaupten. Das gilt auch für andere Erkrankungen. Vieles können Ärzte heute behandeln, oft auch heilen. Aber genauso oft kommen sie an ihre Grenzen. Noch jedenfalls.
Wir sind angewiesen auf Forschung und Wissenschaft, auf Menschen, die in Pflegeberufen, in Krankenhäusern und Pflegestationen helfen und oft auch heilen.
„Bittet, so wird euch gegeben“. Nein, so einfach ist es nicht. Wir wissen zu gut um unsere eigenen Erfahrungen, unsere Ängste und Zweifel.
Und dennoch sagt Jesus: Bleibt beharrlich. Trotz aller
Enttäuschungen. Gebt nicht auf. Ihr sollt Gott bedrängen. Aufdringlich. Unverschämt. Fordert nicht das Blaue vom Himmel. Aber klagt das Nötigste ein. Für euch und die Anderen.
Darum geht es Jesus: Sich nicht entmutigen zu lassen, sondern dranzubleiben. So wie der Freund in der Geschichte. Wir sollen weiter anklopfen. Laut und deutlich. Bis sich die Tür öffnet. Beharrlichkeit wird sich auszahlen.
Wenn wir beharrlich beten, dann werden wir beschenkt. Gott gibt uns, was wir brauchen. 
„Bittet, so wird euch gegeben; sucht, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan“ – Jesu Worte wollen uns Hoffnung machen. Damit wir dranbleiben, an ihm, am Glauben. 
Zuversicht haben, trotz Enttäuschungen. Nicht resignieren. 
Mutig nach vorne zu gehen, auch wenn es Geduld erfordert und vielleicht Rückschlage gibt. Sich von Gott etwas zu erwarten, nicht aufzuhören, ihn mit den eigenen Hoffnungen in den Ohren zu liegen.
 Sich nicht entmutigen zu lassen, sondern immer wieder einen Anlauf nehmen.
 Das macht Glauben, das macht Vertrauen aus. Trotz allem auf die Liebe Gottes zu setzten und mutig in die Zukunft in die Hand zu nehmen. Nein, wir können das Coronavirus nicht weg beten. Aber wir können ihm weiterhin mit Geduld, Vertrauen, mit aller Kraft, die wir als Menschen aufbringen können, entgegentreten. Mit allen Möglichkeiten, die Medizin und Forschung entwickeln. Und mit einer Kraft um die wir Gott bitten können, die er uns schenkt: die Kraft zum Leben, zum Lieben.
Ja, wir dürfen Gott bitten, immer wieder um seine Kraft und seinen Heiligen Geist. Auch und gerade heute, noch immer auf Abstand und doch gemeinsam. Für uns und alle Menschen auf unserer Welt.
Amen
 
Gott, wir danken dir,
Du hörst uns, wenn wir zu dir beten.
Du öffnest Türen, wenn wir bei dir anklopfen.
Wir bitten dich für alle, die sich nach dir sehnen.
Öffne ihnen die Tür zum Glauben
und lass sie deine Liebe spüren.
Wir denken an alle die Leid tragen,
lass sie spüren, dass du bei Ihnen bist;
dass nicht uns von deiner Liebe trennen kann.
Wir denken an alle, die für andere da sind,
jeden Tag auf´s Neue; schenke Ihnen und uns die Kraft
mutig in die Zukunft zu sehen.   Amen
 
Gott 
segne dich und behüte dich;
begleite dich mit seiner Liebe, die dich trägt;
so segne dich der Vater, der Sohn und der Heiliges Geist. Amen

Ihnen und euch allen einen gesegneten Sonntag und eine behütetet Woche                   

Damit verabschiede ich mich zugleich auch von Ihnen und Euch. Meine Vertretungszeit in Ihrer Gemeinde endet heute. Ab Montag, den 10.05. ist Pastor Tobias Patzwald wieder wie gewohnt für Sie und Euch da!

Herzliche Grüße
Ihre
Pastorin Petra Rauchfleisch
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